Ein Pitch ist die Präsentation einer Produktidee, einer Werbekonzeption oder zum Beispiel eines Geschäftsmodells vor potenziellen Investoren, Partnern oder Kunden. Gekonntes Pitchen ist eine Kunst, und wie bei allen Künsten kommt es zuallererst auf das Üben an. Beim Start-up-Pitch geht es noch nicht um die Präsentation eines Businessplans – die kommt erst später.

Können Start-ups von Löwen lernen? Sicher, und nicht nur beim Pitch: Löwen sind auch begnadete Strategen. Sie jagen nur dann, wenn die Erfolgsaussichten groß sind. Sie wollen ihre Beute schnell erlegen und dafür nicht mehr als notwendig tun. Sie jagen im Rudel – und blasen die Jagd ab, wenn die Risiken zu hoch werden. Effektivität, Teamwork, Chancen-Management … Löwen sind darin Meister. Und Löwen verstehen es, sich eindrucksvoll in Szene zu setzen – was man von Start-ups beim Pitch nicht immer behaupten kann.

In der TV-Doku „Höhle der Löwen“ sind mit den Löwen die fünf Juroren gemeint, die die sich präsentierenden Start-ups als „Beute“ für ihre Investment-Portfolios betrachten. Dabei sind es die Gründer und Gründerinnen, die Beute machen sollten! Doch in der TV-Show outen sich so manche Gründer und Gründerinnen als brave Hauskätzchen, aber nicht als hungrige Löwen. Und werden deshalb trotz vielversprechender Geschäftsideen ohne Finanzierungszusage wieder nach Hause geschickt. Pitch vergeigt, Chance vertan.

Ich habe mir in den beiden letzten Jahren fünfzig bis sechzig Präsentationen von Geschäftsideen und Geschäftsmodellen angeschaut, die in den „Höhle der Löwen“-Staffeln gezeigt wurden. Was waren die Gründe für die positiven oder die negativen Beurteilungen der fünf Juroren? Mindestens genauso wichtig wie eine geniale Produktidee sind die Gründerpersonen. Strahlen sie den Mut und die Entschlossenheit von Löwen aus? Präsentieren sich Gründerteams wirklich als homogene Gruppe mit einer klaren Aufgabenverteilung, so wie ein Löwenrudel auf Beutezug? (Natürlich geht es beim Pitch nicht ums Beute machen, sondern um das Herbeiführen einer Win-Win-Situation.)

Eines sollte man als Start-up von Löwen keinesfalls übernehmen: Löwen schlafen oder dösen bis zu zwanzig Stunden am Tag.

Ob im Sport oder im Start-up-Business: Ohne Ehrgeiz und Fleiß läuft nichts.

Löwen beeindrucken. Und sind kluge Strategen (wikimedia.commons / Robek)

Ohne den unbedingten Willen zum Erfolg ist der Weg in eine dauerhafte unternehmerische Selbstständigkeit ziemlich schwer. Und diesen Willen muss man im Pitch auch deutlich zeigen. Körperhaltung, Stimme, Mimik, Gestik – all das muss sofort signalisieren, dass hier jemand mit dem Herz eines Löwen kommt. Investoren investieren ihr Geld in erster Linie in Menschen mit Biss und nicht in theoretische Geschäftsmodelle.

Kommunikationskompetenz, Präsentationstechnik und Rhetorik sind mit Sicherheit Erfolgsfaktoren des Pitchens. Wer hier Defizite hat, muss mit Hilfe von Coachs oder Workshops an sich und seinen Fähigkeiten arbeiten. Schauspielunterricht wäre allerdings eher hinderlich. Es kommt darauf an, authentisch zu sein, mit allen persönlichen Ecken und Kanten. Bei einer zu perfekten Selbstdarstellung besteht die Gefahr, als Blender eingeschätzt zu werden. Genau wie jeder Manager muss ein Gründer aber lernen, sich und seine Geschäftsidee ins rechte Licht zu setzen – ohne allzu große Bescheidenheit und ohne Selbstüberschätzung. Sprüche wie „Wir möchten mit unserem innovativen Gemüsesaft Weltmarktführer werden, und laden Sie ein, mit uns Millionen zu verdienen“ kommen bei Investoren nicht immer gut an. Die Investoren müssen Feuer und Begeisterung hautnah spüren können. Gründer und Gründerinnen, die dies schaffen, bekommen nicht selten auch dann Finanzierungszusagen, wenn die Produktidee noch nicht so ganz überzeugt hat. Nun zum inhaltlichen Konzept eines Pitchs:

Investoren mögen keine langatmigen Power-Point-Präsentationen, sondern wollen sich möglichst schnell von den Gründern und ihrem Geschäftsmodell ein Bild machen. Detailinformationen interessieren dabei nicht. (Ein Start-up-Pitch ist noch nicht die Präsentation und Diskussion des Businessplans.) Schon erstaunlich, in der Höhle der Löwen waren einige Start-ups nicht in der Lage, kurz und bündig zu erklären, worin das Besondere ihrer Geschäftsidee besteht – selbst, wenn sie schon mehrere tausend Euro in ihre Geschäftsidee investiert hatten. Im Grunde geht es im Pitch um einige wenige Schlüsselfragen. Investoren wollen in erster Linie vom Gründungsteam folgendes wissen:

  • Welche „Geschichte“ steckt hinter der Geschäftsidee? 
  • Für wen könnte das neue Angebot nützlich sein?
  • Warum sollten Kunden gerade dieses Produkt kaufen?
  • Wer sind die anderen Anbieter? Wie sieht der Wettbewerb aus?
  • Wie groß ist der Markt, und wie entwickelt er sich?
  • Wie gut lässt sich das Geschäftsmodell vor Nachahmern schützen?
  • Wo steht das Start-up heute, was ist bisher erreicht worden?
  • Welche Gewinne sind mittelfristig zu erwarten?
  • Wie soll das Produkt oder die Dienstleistung verkauft werden?
  • Wie viel Geld wird benötigt und wofür?

Wenn Sie sich mit diesen Fragen intensiv befasst haben, sind Sie für den Pich bestens gewappnet. Jetzt kommt es darauf an, die Investoren auch emotional zu erreichen. Wer will schon Geschäfte machen mit Menschen, die einem nicht sympathisch sind? Manchmal stand in der Höhle der Löwen wohl schon nach den ersten drei Fragen fest, dass die Gründer mit leeren Händen vom Pitch zurückkehren würden. Deren nicht seltene Reaktion: „Wir machen trotzdem weiter!“ Und wer weiß, nichts ist unmöglich. Mit einer Idee, von der man hundertprozentig überzeugt ist, mit Biss und mit etwas Glück lässt sich auch gegen Widerstände viel erreichen. (Ausnahme sind Angebote, die ganz offensichtlich gesetzliche, technische oder z. B. ökologische Restriktionen ignorieren.) Und man muss sich als Start-up auch die richtigen Investoren aussuchen: Geldgeber, die nicht nur an Rendite denken, sondern sich auch für das Produkt begeistern lassen („Money follows Passion“). Einige sparsam eingesetzte Show-Elemente können da wahre Wunder bewirken.

Pitch-Gebot Nr. 1: Du sollst nicht langweilen!

Mehr als zehn Minuten (plus Diskussion) sollten Sie für den Pitch nicht einkalkulieren. Diese Zeit muss ausreichen, Investoren von Ihrem Geschäftsmodell zu überzeugen, ohne dass Sie in Hektik verfallen. Ein Sonderfall ist die sog. Fahrstuhlpräsentation (engl. Elevator Pitch). Hierbei wird ein mehr oder weniger zufälliges Zusammentreffen mit potenziellen Investoren oder Unterstützern für eine kurze Vorstellung einer Geschäftsidee genutzt. Manchmal ist das der erste Schritt zum Erfolg.

Der Fidget Spinner. Ist sinnlos, macht aber Spaß (wikimedia.commons)

Investoren müssen zum Geschäftsmodell passen! Ob der legendäre „Tamagotchi“ oder der „Fidget Spinner“, der vor einigen Jahren den Spielzeugmarkt für Jung und Alt überrollte, bei einem Pitch vor kühl rechnenden Bankern eine Finanzierungszusage bekommen hätte? Ich glaube kaum. Bei den „Löwen“ mit dem Vertriebsprofi Ralf Dümmel unter den Juroren könnte ich mir das dagegen gut vorstellen. Nicht zuletzt, weil die „Höhle der Löwen“ auch für Produkte, die eigentlich keiner braucht, eine gigantische Werbeplattform darstellt.

Fassen Sie Ihr Geschäftsmodell zu prägnanten Aussagen zusammen. In wenigen Minuten sollten Sie Dritte überzeugen können. Ich empfehle Ihnen, die kurzen Statements auf handliche Karten zu übertragen. Wenn Sie ab und zu darauf schauen, wird Ihr Unterbewusstsein Sie immer wieder mit neuen Ideen, Erkenntnissen oder Fragen überraschen. Ob beim Fernsehen, im Auto oder beim Friseur: Notieren Sie die Gedanken ohne große zeitliche Verzögerung auf die Rückseiten Ihrer Karten. Überprüfen können Sie die Brauchbarkeit der Stichpunkte später immer noch. Wie oft ist mir selbst so manche, möglicherweise exzellente Idee durch die Lappen gegangen, weil ich mich nur schemenhaft an sie erinnern konnte.

Perfect pitch: „Deal!“ (Pexels)

Sobald Sie Ihr Geschäftsmodell verinnerlicht haben, sollten Sie mit Ihren Bekannten und Freunden darüber reden (natürlich ohne sie zu nerven). Beschränken Sie sich auf drei Punkte: das Kundenproblem, Ihre Lösung, den Markt. Es lohnt sich, Fragen, Einwände und Vorschläge sofort zu notieren, um sie später genauer zu bewerten. Schritt für Schritt erarbeiten Sie sich so die Routine und Sicherheit, die Sie benötigen, wenn Sie Ihr Geschäftsmodell Bankern, Partnern oder Investoren vorstellen.

Rechnen Sie damit, dass Sie in der Phase der Vorgründung einige Fragen noch nicht beantworten können. Aber Sie sehen deutlich, wo noch Informationsbedarf besteht. Bereiten Sie sich darauf vor, dass Ihnen beim Pitch auf den Zahn gefühlt wird. Zeigen Sie, dass Sie sich mit allen relevanten Aspekten bereits beschäftigt haben und dass Sie über ein stimmiges Marketing-Grobkonzept verfügen Eine Äußerung wie „Ich kann diese Frage nicht beantworten“ ist nicht sehr hilfreich. Bleiben Sie keine Antwort schuldig, auch wenn sie sehr allgemeiner Natur ist. Keiner nimmt Ihnen in dieser frühen Phase übel, wenn Sie noch nicht mit Details aufwarten können.

Auf die Frage nach dem Besonderen Ihres Angebots sollten Sie aber schon heute eine kurze, konkrete Antwort geben können – Gründer ohne eine überzeugende Produkt- oder Serviceidee brauchen erst gar nicht im Pitch anzutreten.

Start, Go on oder Stopp? Bleibt das Gründungsvorhaben trotz aller Vorsichtsmaßnahmen extrem risikoreich, würde ich von der Gründung abraten. Ein späteres Scheitern könnte zu einer ernsthaften Bedrohung für den langfristigen beruflichen und privaten Lebensentwurf werden. Es gibt schließlich noch andere Optionen als nur die Unternehmensgründung. Nicht immer bin ich bei einigen meiner Gründungsberatungen für meine Skepsis auf Verständnis gestoßen. Welcher von seiner Geschäftsidee begeisterte Jungunternehmer hört schon auf zu kaufmännischer Vorsicht mahnende Ratschläge? Wenn ich mit meinen Bedenken recht behielt und ein allzu optimistischer Gründer sein Projekt gegen die Wand gefahren hatte, gelang es uns fast immer, gemeinsam einen Ausweg zu finden. Ich bin fest davon überzeugt, dass in jeder Krise auch neue Chancen stecken, die es konsequent zu nutzen gilt.

Müssen Sie in der Gründungsvorphase Ihre Geschäftsidee verwerfen, ist das beileibe kein Super-Gau. Noch haben Sie kein Geld verloren. Vielmehr konnten Sie wertvolle Erfahrungen sammeln und neue Einsichten gewinnen. Machen Sie weiter. Je intensiver Sie sich mit Marktlücken und -trends befassen, desto sicherer stoßen Sie auf eine neue, erfolgversprechendere Geschäftsidee.

Manchmal verdeutlicht ein persönlicher Erfahrungs­bericht besser als Statistiken oder Umfrageergebnisse, wie Gründer denken, was sie bewegt und mit welchen Pro­blemen sie zu kämpfen haben.

Lesen Sie dazu das folgende Tagebuch von Markus Dahl.