Ich möchte Ihnen zehn Tipps geben, die Ihnen als Gründer oder Gründerin nutzen könnten. Sie sind die Zusammenfassung meiner Erfahrungen aus Gründungsprozessen, die ich als Hochschullehrer und Marketingberater begleiten durfte. Eine Erfahrung sei vorausgeschickt: Fast immer benötigt der Prozess bis zur Markteinfüh­rung sehr viel mehr Geld und Zeit als ursprünglich geplant. Ohne Reserven wird das Ganze extrem stressig. Und noch etwas: Es lohnt sich, täglich(!) festzuhalten, was man jenseits der Tagesroutine getan hat, um den Gründungsprozess voranzutreiben. „Steter Tropfen höhlt den Stein“ – auch kleine Schritte führen zum Erfolg.

Hier nun meine zehn Praxistipps:

Tipp Nummer eins:

Begrenzen Sie das Risiko durch Do it-Yourself-Marktforschung.

Ob eine Geschäftsidee später im Markt ein Hit oder ein Flop wird, weiß mit absoluter Sicherheit keiner. Marktforschung liefert aber Hin­weise, das Gründungsvorhaben entweder noch einmal zu überdenken oder es aber mit einem sichereren Gefühl fortzusetzen. Kosten hierfür fallen kaum an, sofern der Gründer dabei aktiv mitwirkt.

Tipp Nummer zwei:

Betreiben Sie kein voreiliges Ankündigungsmarketing.

Geschäftsmodelle machen häufig eine evolutionäre Ent­wicklung durch, deren Ausgang nicht immer vorherseh­bar ist. Zu früh eingesetzte Werbung verpufft dann und vernichtet Geld, das später benötigt wird.

Drittens:

Binden Sie bei der Angebotsentwicklung frühzeitig potenzielle Kunden ein.

Der Optimismus vieler Gründer kann schnell zu Reali­tätsverlust führen. Ihre Begeisterung für ihr „sensationelles“ neues Produkt ist manchmal zu groß. Gründer können versuchen, sich davor zu schützen, indem sie von Beginn an den Rat und das Urteil interessierter, positiv eingestellter Personen suchen, die dem Zielgruppenprofil entsprechen. Natürlich ist es wichtig, dabei kritisch zu bleiben. Entscheidungen trifft immer der Gründer selbst.

Viertens:

Suchen Sie bereits in der Vorgründungsphase Unterstützer, und bilden Sie Netzwerke.

Als Einzelkämpfer haben Gründer es schwer. Sie sollten sich deshalb frühzeitig bemühen, ein Netzwerk kompe­tenter Fachleute zu etablieren. Bei vielen ist die Bereit­schaft groß, auch ohne Entgelt zu helfen.

Fünftens:

Nutzen Sie externes Marketing-Know-how, aber wählen Sie die Marketingberater gezielt aus.

Gegenseitige Sympathie oder ein paar kluge Bemer­kungen zum Geschäftsmodell sollten bei der Beraterwahl nicht allein ausschlaggebend sein. Es empfiehlt sich, konkrete und zeitlich begrenzte kleine Arbeitsschritte zu vereinbaren (anstelle der „Erarbeitung einer Marketing­konzeption“ o. ä.), so dass ein eventueller Beraterwechsel ohne größere Probleme möglich ist. Und vertrauen Sie externen Empfehlungen mehr als beeindruckenden Selbstdarstellungen.

Sechstens:

Behalten Sie von Anfang an Liquidität und Kostenentwicklung im Auge.

Nachlässige Kostenkontrolle kann unversehens in eine finanzielle Sackgasse führen, aus der man nicht mehr herauskommt.

Siebentes:

Beseitigen Sie Schwachstellen umgehend, ohne perfektionistisch zu sein.

Es wäre verhängnisvoll, gravierende Schwachstellen und ungelöste Probleme des Geschäftsmodells zu ignorieren und darauf zu vertrauen, dass sich die Mängel bei der späteren Umsetzung schon „irgendwie“ beseiti­gen ließen. Der Aufwand für die Behebung ursprüng­licher Versäumnisse steigt im Zeitablauf rapide an.

Achtens:

Klären Sie Finanzierungsfragen gleich zu Anfang. Verlassen Sie sich dabei nicht allein auf mündliche Zusagen.

Nichts ist für Gründer frustrierender, als zwischendurch das Handtuch werfen zu müssen, nur weil das Geld fehlt. Banken warten nicht gerade auf Gründer, die in der Liquiditätsklemme stecken. Solange die Finanzierung nicht gesichert ist, muss der Fuß auf der Bremse bleiben.

Neuntens:

Konzentrieren Sie die Kräfte auf das wirklich Wesentliche.

Nur wenn es gelingt, Prioritäten zu setzen, wird das Gründungsvorhaben zu einem erfolgreichen Ende ge­führt werden können. Was kann ich selbst tun, was sollte ich besser an Experten delegieren? Was ist die Schwierigkeit, die mo­mentan die meisten Sorgen bereitet? Was kann warten, und mit welchen Folgewirkungen ist dann zu rechnen? Oftmals lösen sich Probleme fast wie von selbst, wenn es gelingt, den zentralen Engpass im Gründungsprozess zu identifizieren und zu beseitigen.

Last but not least mein zehnter Tipp:

Verbessern Sie Ihre Softskills, und nutzen Sie jede Gelegenheit zum praktischen Üben.

Kommunikationskompetenz, Präsentations- und Ver­handlungstechnik, Zeitmanagement usw. – all dies sind mit Sicherheit Erfolgsfaktoren der Existenzgründung. Wer hier Defizite hat, muss eben mit Hilfe von Coachs oder Workshops an sich und seinen Fähigkeiten arbeiten. Und genau wie jeder angestellte Manager muss ein Grün­der lernen, sich und seine Leistungen überzeugend zu präsentieren.


Für Gründer und Gründerinnen ist der Pitch die erste Hürde, die erfolgreich genommen werden muss, bevor der Markteintritt in Angriff genommen werden kann.


Drei Beispiele für Produktinnovationen aus meiner Gründer- und Beraterpraxis (bis 2018)

Mein Hometrainer für eine zeitsparende isometrische Muskelkräftigung. Dafür gab’s die „Anerkennung der Jury des Deutschen Stahl-Innovationspreises“. Das Gerät hat sich richtig gut verkauft.

Mein preisgekrönter Premium-Hometrainer („DesignVorbilder“ IDZ: „Ein Kunstwerk, das fit macht“). Verkaufserfolg? Nicht gerade überwältigend, die Marktnische war wohl doch zu winzig.

Ein Mountainbike, das sich mit wenigen Handgriffen zu einem „Schwimmrad“ umrüsten lässt.
Viel Lob in RBB und ARD. Für die Serienfertigung fehlte leider das Kapital: die Bank hatte ihre Kreditzusage kurzfristig zurückgenommen. Wirklich schade.